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Geschäftemacherei mit dem MPU-Test

Wer zur medizinisch-psychologischen Untersuchung muss, wird oft von verlockenden Angeboten verführt.

Doch viele Versprechen entpuppen sich als trügerisch und sehr teuer.

Eine Expertin geht der Sache nach. Sie hat falsche Leberwerte angegeben, trägt einen falschen Namen. Angeblich wurde sie mit 2,5 Promille erwischt, Führerschein weg, nun müsse sie zum so genannten Idiotentest.

Die Tarnung hat ihren Grund, die Mitarbeiterin einer psychologischen Beratungsstelle kennt die MPU-Branche und weiß: Wer Beratern auf die Finger schauen will, muss vorsichtig sein.

Sie geht sie zu einer ersten Beratungsstelle und hört Erstaunliches.

Erfolg sei quasi garantiert, 95 Prozent aller Kunden bringe man durch die MPU. Dazu werde ein “Lebensdiagramm” erstellt, damit soll man lernen können, was der MPU-Gutachter später hören will. Standardantworten, die geeignet seien, die Prüfer zu täuschen.

Michael Hettenbach, ein Fachanwalt für Verkehrsrecht, vertritt viele Mandanten, die auf so etwas hereingefallen sind – darunter einen Mann, der für 3.000,- Euro eine regelrechte Gehirnwäsche bekommen habe.

Eine Geschichte sei von A bis Z fabriziert worden, die er bei der MPU vorbringen sollte. Da er sich die nicht einprägen konnte, habe man ihm damit eine CD aufgenommen und ihn in eine Kabine gesperrt. Nachdem ununterbrochen die Aufnahme vorgespielt worden sei, habe der Mann jeden Bezug zur Realität verloren.

In dem Fall also Lügen lernen bis zur Verwirrung.

Im Internet tummeln sich zahlreiche “MPU-Berater”, seriöse wie unseriöse. Sie werben mit Erfolgsquoten, Geld-Zurück-Garantien, Gratis-Hotlines. Beraten darf jeder, der Beruf ist nicht geschützt. Die Kunden sind oftmals leichte Opfer, denn viele sind als notorische Raser, Alkohol- oder Drogensünder besonders interessiert an angeblich einfachen Wegen zurück zum Führerschein.

In Wahrheit ist die MPU ohne fundierte psychologische Hilfe schwer zu schaffen. Doch wer süchtig ist und sich nicht wirklich mit seinem Problem auseinander setzen will, der greift in der Not nach jedem Strohhalm und glaubt vieles.

Zum Beispiel auch, dass Geld an bestimmte Gutachter bezahlt würde, die dann besonders wohlwollend gestimmt seien. Oder Ärzte würden angeblich dazu bewegt, falsche Bescheinigungen über Alkoholwerte oder Drogenscreenings auszustellen, erklärt Verkehrsrechtsanwalt Hettenbach.

Alles nur erfunden oder gibt es solche Bestechungen tatsächlich?

Die Expertin zieht erneut los und geht einem heißen Tipp nach. Eine Firma, die schwierige Fälle angeblich liebt und im Internet Erfolg garantiert – sofern man rund 4.000,- Euro investiert. Der Chef will von unserer Testperson zunächst einen Ausweis sehen und erklärt auch gleich, warum: Man müsse wissen, wen man vor sich hat, um “Leute zu motivieren”.

Was das genau heißen soll, darauf müsse man wohl “nicht näher eingehen.” Die Expertin  signalisiert Interesse, der Berater kommt schnell zur Sache. Er verspricht Erfolg, sofern Geld an die richtigen Adressen fließe: TÜV-Stelle, Psychologe, Arzt, Therapeutin, da müssten schon 15.000,- Euro hingeblättert werden.

Ein anerkannter MPU-Therapeut und Diplom-Psychologe, dem die Recherchen vorliegen, kann sich nicht vorstellen, dass tatsächlich all diese Beteiligten “geschmiert” worden seien. Falls doch, sei das ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Doch ob echte Bestechung oder nur Abzocke mit leeren Versprechungen, fest steht:

Wer beim Klicken im Internet an die Falschen gerät, verliert doppelt.

Das Geld ist weg und auch der Führerschein rückt in weite Ferne. Wer Lügengeschichten auftischt, hat beim “Idiotentest” keine Chance. Die MPU sei eine individuelle Geschichte, erklärt Anwalt Hettenbach, jeder geschickte Psychologe werde eine Lügengeschichte in fünf bis zehn Minuten zerfetzen. Das investierte Geld ist dann meistens verloren.

Einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz haben die Opfer in der Regel nicht.